Brüder als Obere: Ein stiller Wandel in der benediktinischen Leitung

Beim Äbtekongress 2024 leitete Abtprimas Jeremias Schröder einen Workshop über die wachsende Anerkennung nicht geweihter Mönche als höhere Obere und zeichnete den jahrzehntelangen Weg bis zum jüngsten päpstlichen Reskript nach.

2 Juli 2025

Beim Äbtekongress 2024 stellte Abtprimas Jeremias Schröder OSB einen Workshop mit dem Titel Brüder als Obere: Umsetzung des päpstlichen Reskripts vor, der einen Überblick über den langen und oft stockenden Prozess bot, der 2022 zum Dekret führte, das nicht geweihte Mönche zur Wahl oder Ernennung in höhere Ämter innerhalb der Benediktinerkonföderation zulässt.

Das Thema ist seit mindestens 1966 präsent, als der Äbtekongress beschloss, dass das monastische Leben nicht streng klerikal oder laikal zu definieren sei — eine Sichtweise, die in der benediktinischen Tradition selbst verwurzelt ist. Trotz dieser frühen Einsicht blieb der Fortschritt aus. Zwar versprach Vita Consecrata (1996) eine Studie über die Rechte nicht geweihter Ordensleute, doch konkrete Ergebnisse blieben aus. Eine Abstimmung beim Äbtekongress 2000 sprach sich für einen erweiterten Zugang zu Leitungsämtern für Brüder aus, doch die anschließende Petition verlief im Sande.

Das Thema tauchte durch die Bemühungen der Union der Generaloberen (USG) zwischen 2016 und 2020 wieder auf, maßgeblich vorangetrieben von den Franziskanerfamilien. Diese Bemühungen führten zu einer neuen Strategie: die Bitte um ein päpstliches Privileg. 2021 entwickelten Abtprimas Gregory Polan OSB und Richard Yeo OSB gemeinsam mit anderen großen Ordensfamilien eine formelle Eingabe an Papst Franziskus. Die Bitte hob das ursprüngliche monastische Charisma hervor, die zunehmende Klerikalisierung der Leitung sowie die wachsenden Schwierigkeiten, geeignete geweihte Kandidaten für das Abtsamt zu finden.

Am 18. Mai 2022 ermächtigte ein Reskript von Papst Franziskus das Dikasterium für Institute des geweihten Lebens und für Gesellschaften apostolischen Lebens (DIVCSA), fallweise Dispensen von der Priesterweihepflicht für höhere Obere zu gewähren. Das Dekret gewährt zwar keine generelle Erlaubnis, öffnet aber die Tür: Gemeinschaften können nun die Bestätigung der Wahl oder Ernennung von Brüdern zu Leitungsämtern beantragen.

Die praktische Umsetzung entwickelt sich jedoch noch. Der Workshop stellte zwei jüngste Beispiele vor. In El Rosal, einem Kloster der Ottilienkongregation in Kolumbien, wurde Bruder Santiago postuliert und nach einem schnellen und klaren Verfahren mit dem Heiligen Stuhl bestätigt. Anders verlief es in Saint Anselm’s in Manchester (New Hampshire): Nach der Postulation musste die Gemeinschaft 45 Tage auf die Genehmigung warten, während der Wahlprozess unterbrochen war. Nach der Genehmigung konnte das Kapitel abgeschlossen werden, und Bruder Isaac nahm seine Wahl zum Abt an.

Solche Fälle werfen weiterhin Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der sakramentalen Funktionen, die Klerikern vorbehalten sind. Als Antwort hat die Ottilienkongregation ein Dekret erlassen, das festlegt, wie diese Aufgaben zu delegieren sind — in der Regel an den Prior oder Subprior, oder falls nötig, an den Abtpräsidenten.

Der Workshop endete mit einer offenen Diskussion. Fragen bestehen weiterhin zu Ritus und Symbolen nicht geweihter Äbte — insbesondere zur Verwendung von Ring, Stab und Mitra — sowie zur Gestaltung eines passenden Segnungsritus. Ob hierfür das bestehende Ritus für Äbtissinnen angepasst oder ein neuer entwickelt wird, ist noch offen.

Gleichwohl markiert dieses Reskript einen Wendepunkt. Auch wenn nicht jedes Detail geklärt ist, zeigt es eine erneuerte Aufmerksamkeit für den ursprünglichen Geist des monastischen Lebens. In den Worten von Abtprimas Jeremias: Der Weg geht weiter — nun aber auf festerem Grund.

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