Notizen vom Aventin | August-Oktober
Nach einem ruhigen Sommer lebt Sant’Anselmo wieder auf – mit neuen Studierenden, Leitern und Projekten. Zu den Höhepunkten zählen die Synode der Abtpräsides in Montserrat, die Vorbereitungen auf die Feier unseres 125jährigen Kirchweihjubiläums mit Papst Leo XIV. Kirchenjubiläum, ein römisches Quartier für benediktinische Studentinnen und die Zukunft der Oblatenkongresse.
10 Oktober 2025
Liebe Brüder und Schwestern,
Im Sommer verändert sich der Lebensrhythmus in Sant’Anselmo: Studenten und Professoren fahren in ihre Heimatklöster oder an andere Orte, und nur eine kleine Gruppe von Mönchen und Mitarbeitern bleibt hier auf dem Aventin zurück, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, Wartungsarbeiten durchzuführen und all das nachzuholen, wozu während des Studienjahres die Zeit fehlte.
Mein persönlicher Höhepunkt des Sommers war die Präsides-Synode, die Mitte September in Montserrat stattfand. Wir waren in einem der berühmtesten Wallfahrtsorte Europas zu Gast. Unsere Liebe Frau von Montserrat, liebevoll La Morenita genannt, wird ja an vielen Orten der Welt verehrt. Die Klostergemeinschaft integrierte unseren Besuch in die Millenniumsfeierlichkeiten des Klosters. Dieses Kloster, ein Leuchtturm des europäischen Mönchtums, bot eine großartige Gastfreundschaft für eine Synode, die mit einem Treffen der Regionaldelegierten der CIB, der Organisation der Benediktinerinnen, zusammenfiel. In dieser Ausgabe von NEXUS finden Sie einen Artikel über diese Synode.
Eines der vielen Themen in Montserrat war die Zukunft der Weltkongresse der Benediktineroblaten. In letzter Zeit zirkulierte ein Vorschlag, diese Weltreffen durch kleinere Zusammenkünfte zu ersetzen. In einer ernsthaften Beratung kamen die Abtpräsides – manche hatten von den Oblaten ihrer eigenen Kongregationen sehr deutliche Rückmeldungen erhalten – jedoch zu dem Schluss, dass diese Weltoblatenkongresse wichtig und sehr geschätzt sind und fortgeführt werden sollen. Die Synode stimmte dem zu, und wir suchen nun nach Wegen zur Umsetzung. Außerdem haben wir entschieden, dass das Monastische Sommerstudium, das hier in Sant’Anselmo drei einwöchige Kurse in englischer Sprache zu monastischen Themen anbietet (als Einzelmodule oder als dreiwöchiges Programm), in besonderer Weise auch für Oblaten geöffnet wird. Wenn Sie das hier lesen und selbst mit Oblaten zu tun haben: geben Sie doch bitte die Nachricht weiter, dass die Konföderation und die CIB diesen dritten Zweig unseres Ordens schätzen und dass wir alles tun wollen, um die Oblatenbewegung zu stärken und weltweit miteinander zu vernetzen.
Zurück zu Sant’Anselmo. Wer uns in den letzten Jahren besucht hat, fand die Ankunft etwas beeinträchtigt durch die Bauarbeiten direkt vor unserem Haus. Vor wenigen Wochen wurde die Renovierung der Piazza dei Cavalieri di Malta endlich abgeschlossen. Dies ist nicht irgendein römischer Platz, sondern ein einzigartiges Ensemble: Der Platz und die angrenzende Kirche des Malteserordens sind die einzigen Bauwerke, die Giovanni B. Piranesi, der durch seine Kupferstiche römischer Monumente weltberühmt wurde, entworfen und gebaut hat. In seinen berühmten Kupferstichen lässt er Rom noch eindrucksvoller erscheinen, als es ohnhin ist, indem er die Menschen im Verhältnis zu den Denkmälern sehr klein gezeichnet hat. Auch der restaurierte Platz vor unserem Haus zeigt dieses römische Streben nach Glanz und Pracht. Die Einfassung des Platzes rühmt die Tugenden und Verdinste des Malteserordens, der dieses Werk in Auftrag gab. Besonders eindrucksvoll wirkt der Platz nachts, wenn das Mondlicht auf die weißen Steine fällt, die von unseren dunklen Zypressen eingefasst sind.
Gleich hinter diesem bezaubernden Platz liegt unser Sant’Anselmo, das sich nun zum Ende des Sommers eher wie ein Bienenstock anfühlt. Neue Kollegsbewohner sind angekommen, und das Haus ist bis auf den letzten Platz gefüllt. In den vergangenen Monaten haben wir auch die Leitung unseres Athenäums erneuert. Am 6. Oktober legte der neue Rektor, P. Jako Fehérváry aus Pannonhalma, im Beisein zahlreicher Gäste, Professoren und Studenten das Glaubensbekenntnis und den Treueeid ab. Mit unserem neuen Dekan der Theologie, einem neuen Bibliotheksdirektor und einem wiedergewählten Dekan der Philosophie beginnt ein weiteres Kapitel unserer Hausgeschichte. Am 11. November jährt sich die Weihe der Abteikirche von Sant’Anselmo zum 125. Mal. Im Jahr 1900 konnte Papst Leo XIII. – unser Gründer und Gönner – den Vatikan nicht verlassen und entsandte einen Kardinal. 2025 hingegen ist Papst Leo XIV. frei zu reisen und hat unsere Einladung angenommen, die Jubiläumsmesse hier mit uns zu feiern. Wie sicher alle nachfühlen können, sind wir voller freudiger Erwartung.
Weniger erfreulich waren dagegen die jüngsten Erfahrung der Benediktinerinnen, die an Sant’Anselmo lehren und studieren. Ihre Studentinnenresidenz im Kloster Tor de’ Specchi wurde vom Päpstlichen Kommissar dieser Gemeinschaft abrupt geschlossen, was für unsere Schwestern vorübergehend eine große Unsicherheit bedeutete. In aller Eile mussten wir für sie Notunterkünfte finden. Nun haben wir ab Ende Oktober ein anderes Schwesternhaus in der Nähe gefunden, von dem aus sie während des gesamten Studienjahres in Sant’Anselmo studieren können. Das erste Studienhaus für Benediktinerinnen und Zisterzienserinnen entstand schon Anfang der 1980er-Jahre unter dem Namen Casa Santa Lioba und hat all die Jahre weiter bestanden, wenn auch unter manchmal prekären Umständen. Die aktuelle Krise ist, so hoffe ich, auch eine Chance. Eine unserer wichtigsten Aufgaben in den kommenden zwölf Monaten wird es sein, diesem Studienhaus für Benediktinerinnen eine stabilere Grundlage zu geben. Ich hoffe, dass wir Papst Leo XIV. dafür gewinnen können, für die Benediktinerinnen das zu tun, was Leo XIII. für die Mönche vor 140 Jahren geschaffen hat.
Es gibt reichlich Arbeit und Bewegung hier in Sant’Anselmo. Und doch findet das wahre Leben unserer Konföderation vor allem in der weiten Welt statt – in den vielen Abteien, Prioraten und Zellen, wo nach der Regel des hl. Benedikt gelebt wird, in der Suche nach Gott und im Bestreben, die Welt etwas besser zu machen. Im Herbst werde ich am Treffen der Benediktiner aus Ostasien und Ozeanien in Vietnam teilnehmen sowie am Lateinamerikanischen Monastischen Treffen in Brasilien. Vielleicht begegne ich einigen von Ihnen dort. Für alle, die weniger reisen als ich, werde ich Eindrücke auf Facebook und Instagram teilen. Schließlich wird auch NEXUS Mitte November darüber berichten.
In vielen Teilen der Welt ist der Oktober ein Dankmonat: Dank für die Ernte und für all das Gute, das Gott uns schenkt. Ich empfinde noch immer große Dankbarkeit für das Vertrauen, das die Äbte mir im vergangenen Jahr geschenkt haben, und darf jeden Morgen mit Freude ins Gebet und an die Arbeit gehen. Das Gleiche wünsche ich auch Ihnen allen – und grüße Sie sehr herzlich und brüderlich-geschwisterlich vom Aventin!
Ihr und Euer
Jeremias Schröder OSB
Abtprimas

