Notizen vom Aventin | März-April

In seinen Gedanken zu Ostern erzählt Abtprimas Jeremias Schröder eine Geschichte aus den Dialogen von Papst Gregor: Für den heiligen Benedikt war der Empfang eines Besuchers bereits eine Art Ostern. Es erinnert uns daran, dass die Begegnung mit anderen mit Offenheit und Gastfreundschaft eine Form der Auferstehung in unserem täglichen Leben sein kann.

18 April 2025

Liebe Schwestern und Brüder,

bei einem Symposium in der vergangenen Woche erwähnte, Abt Mauro Giuseppe Lepori, Generalabt der Zisterzienser und ein guter Freund unseres Hauses, die Ostererzählung aus den Dialogen Papst Gregors: den Priester, der – angeregt durch eine Vision - aufbrach, um seine köstlichen Speisen mit dem Höhlenbewohner von Subiaco zu teilen. Wir alle kennen die Geschichte. Abt Mauro wies auf ein wichtiges Detail hin: Als der Priester bei Benedikt ankam und sein Anliegen erklärte, verstand dieser zunächst nicht ganz und antwortete: „Ich weiß, dass Ostern ist, weil ich Dich sehen darf.“ Jemanden zu empfangen, oder vielmehr einen Besucher zu Sehen , war für Benedikt bereits eine Art Ostern. Der Priester musste ihm erst klarmachen, dass es sich um das echt Osterfest handelte.

Benedikt suchte die Einsamkeit, und das mit extremer Ernsthaftigkeit. In seiner Nachfolge nennen wir uns bis heute Mönche – monachus und monaca, weil wir Menschen sein wollen, die gelernt haben, „mono“, allein, gesammelt und zurückgezogen zu leben – das „habitare secum“ der Dialoge. Der Karfreitag liefert uns Worte und Bilder, die Christus als einen ganz Alleingelassenen zeigen: im Garten Gethsemane, durch das gesamte Leiden hindurch, bis hin zum Kreuz. In der spanischen katholischen Kultur wird das noch vertieft durch die Verehrung Unserer Lieben Frau von der Einsamkeit – Virgen de la Soledad – am Karsamstag. Es ist eine existentielle Grammatik des Einzelnen, die über Intimität hinausgeht, die Einsamkeit ausschöpft und bis an den Tod rührt.

Die Auferstehung stellt all das auf den Kopf. Christi Triumph über den Tod wird durch Begegnungen gefeiert: Maria Magdalena, die Jünger von Emmaus, Thomas. Und bei jeder dieser Begegnungen lernen sie neu zu sehen und zu verstehen. Davon werden wir in den kommenden Wochen immer wieder hören.

Wir sind Koinobiten, und communio ist unsere Spezialität. Ich stelle mir unser Ostern als ein Augenöffnen vor. Wir sehen den anderen: den übersehenen Bruder, den Bettler an unserer Tür, den verzweifelten Sucher, der sich in unsere Kirche verirrt. Manche von uns müssen vielleicht auch wieder lernen, sich selbst sehen zu lassen. Vielleicht müssen wir unsere eigenen Höhlen verlassen und liebevollen Blicken erlauben, uns daran zu erinnern, dass Christus auferstanden ist. Mögen unsere Klöster Orte sein, an denen diese Osterhoffnung gelebt und erfahren wird – innerhalb und außerhalb der Mauern.

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Ich berichte gerne noch über einige Dinge, die sich aus dem letzten Äbtekongress ergeben: Die Vorbereitungen für das Jubiläum 2029 – 1500 Jahre seit der Gründung von Montecassino – nehmen Gestalt an. Wir konnten einen Projektkoordinator gewinnen – Herrn Adam Simon aus Großbritannien –, der uns helfen wird, dieses schöne, aber komplexe Vorhaben Wirklichkeit werden zu lassen. Es wird Jubiläumsveranstaltungen in Montecassino und hier in Rom geben, aber auch in der ganzen benediktinischen Familie. Dazu, so hoffen wir, viele andere Initiativen des kreativen Erinnerns und auch des Vorwärtsdenkens. Wir arbeiten intensiv daran und hoffen, Ihnen bis Herbst dieses Jahres einen umfassenden Jubiläumsvorschlag präsentieren zu können. Der offizielle Titel des Jubiläums soll lauten: „Locus Iste: Orte der Hoffnung seit 529 - ein benediktinisches Jubiläum.“

Der Kongress hat außerdem beschlossen, einen Kurs für neue Äbte einzurichten, der das bereits bestehende Leadership- und Managementprogramm ergänzen soll. Der Kurs soll zum ersten Mal 2026 stattfinden, vom 22. Juni bis 4. Juli. Weitere Informationen folgen zu gegebener Zeit.

Meine Landsleute lieben langfristige Planung, während man anderswo das Leben eher spontaner nimmt. Wie dem auch sei – aufgrund des Vorlaufs bei der Zimmerreservierung mussten wir die Termine für den Äbtekongress 2028 bereits festlegen: Anreise ist der 7. September, Abreise der 17. September. Neue Äbte und Abtpräsides sollten einen Tag früher anreisen.

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Für uns Kirchenleute hier in Rom (und wohl überall) war es eine große Erleichterung, als Papst Franziskus in den Vatikan zurückkehrte und auch schon wieder in seinem unnachahmlichen persönlichen Stil aktiv wurde, auch wenn er sich offensichtlich noch erholen muss.

In den Medien entsteht derzeit Eindruck, das Heilige Jahr finde gar nicht statt. Das stützt sich auf Aussagen von Taxifahrern und Hotelbetreibern. Ein ganz anderes Bild liefern uns jedoch die Beichtväter in Rom, die von einer Verfünffachung des Andrangs und langen Schlangen berichten. Ich kann das selber betätigen. Vielleicht sind Touristen und Pilger eben doch nicht dasselbe? Für die Hoteliers Roms mag das enttäuschend sein, für die Kirche ist es keine schlechte Nachricht.

Eine Erinnerung: Wenn Sie oder Gruppen, die mit Ihrem Kloster verbunden sind, im Heiligen Jahr nach Sant’Anselmo kommen möchten, geben Sie bitte unserem Gastpater Bescheid: guestmaster@anselmianum.com. Wir bieten solchen Gruppen gerne eine Führung durch „unser“ aller Haus hier in Rom an, und laden zur Teilnahme an einer Gebetszeit ein.

Allerdings: Sie werden mich bei Ihrem Besuch nicht unbedingt antreffen. Der Mai ist gefüllt mit mehreren Kurzreisen in Europa. Außerdem nehme ich an der Konföderationsversammlung der Benediktinerinnen der Ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsakraments teil – eine Verpflichtung, die ich vor Jahren übernommen habe. Ende Juni und Anfang Juli werde ich außerdem eine lange Klosterbesuchsreise machen, vor allem durch Frankreich. Wir haben sie augenzwinkernd „Tour de France“ genannt – allerdings mit dem Auto, nicht dem Fahrrad. Einige von Ihnen werde ich dabei treffen, und darauf freue ich mich schon sehr.

Mit frohen Ostergrüßen aus Rom!

Ihr und Euer

Jeremias Schröder OSB
Abtprimas

P.S. NEXUS erscheint in vielen Sprachen. Das geschieht zum Teil mit Hilfe von KI. Wenn Ihre Sprachversion daher gelegentlich etwas steif oder holprig wirkt, liegt es vermutlich daran. Danke für Geduld und Nachsicht!

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